Startup aus Chemnitz schützt Firmen-Mails vor Spionage

Die Snowden-Affäre brachte vier Chemnitzer Studenten dazu, über die Sicherheit ihrer Daten nachzudenken. Aus dieser Überlegung entstand eine Geschäftsidee für den Mittelstand.

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Alexander Woeschka. Foto: Jens Moldenhauer

Founderella: Herr Woeschka, comcrypto bietet eine Verschlüsselungssoftware an, die vor allem mittelständischen Firmen dabei helfen möchte, sensible E-Mails vor unerlaubten Mitlesern zu schützen. Komplett neu ist das nicht. Was können Sie daher besser als die Konkurrenz?

Alexander Woeschka: Vertraulichkeit. Eine verschlüsselte E-Mail bietet erst dann echten Schutz, wenn man technisch sicherstellt, dass sie vom richtigen Absender an die vorgesehenen Empfänger übertragen wird. Bisherige Systeme sind hier entweder sehr umständlich oder verzichten gänzlich auf die Überprüfung.

So können große Sicherheitslücken und Einfallstore entstehen. comcrypto hat mit seiner eigenen Technologie völlig neue Abläufe für das Entstehen von Vertraulichkeit entwickelt. Unser E-Mail-Client encurity zeigt als erste Anwendung der Technologie, wie einfach diese entstehen kann: mit einem einzigen Klick und dabei kryptografisch hochsicher.

comcrypto hat keinerlei Zugriff auf Nachrichten und kann die Authentizität nicht unbemerkt manipulieren – Nutzer müssen uns als Dienstbetreiber nicht vertrauen.

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Georg Nestmann, Andreas Lange, Alexander Woeschka und Hendrik Nöll (von links) sind die Gründer von comcrypto. Foto: Jens Moldenhauer

Gab es einen bestimmten Anlass, der Sie als junges Gründerteam dazu bewogen hat, während des Studiums eine eigene Software zu entwickeln?

Ja, Edward Snowden. Wir wollten nach den Enthüllungen unsere eigene Kommunikation absichern und waren schockiert, wie kompliziert das alles ist und welche Sicherheitslücken trotzdem noch bestehen. Wir wollten zeigen, dass es besser gehen kann – und genau das machen wir jetzt.

Wie lange hat es von der Idee bis zur Umsetzung gedauert? Welche Hürden galt es dabei zu überwinden?

Die Idee entstand im Herbst 2013, seit Herbst 2014 arbeiten wir in Vollzeit an unseren Lösungen. Die größte Hürde war herauszufinden, wie man Produkte entwickelt, welche höchste Vertraulichkeit garantieren, einfach anzuwenden sind und vor allem auch wirklich eingesetzt werden.

Dazu haben wir viele Gespräche mit Coaches und potenziellen Nutzern geführt und mehrmals unsere Strategien zur Umsetzung angepasst. Ursprünglich wollten wir eine Anwendung entwickeln. Das reicht uns aber nicht, da eine Anwendung nie wirklich etwas grundlegend ändern kann.

Aus diesem Grund entwickelten wir erst eine Technologie, welche genau dieses Potenzial zur Revolution hat, und darauf aufbauend unseren E-Mail-Client encurity als eine von vielen denkbaren Anwendungen.

Ein Screenshot der Benutzeroberfläche des E-Mail-Clienten encurity.

Ein Screenshot der Benutzeroberfläche des E-Mail-Clienten encurity.

Neben der Entwicklung des Produktes mussten sie sich parallel mit der Gründung einer Firma beschäftigen. War es schwer, beides unter einen Hut zu bekommen?

Ja, und das ist es auch immer noch. Wie bereits erwähnt, entwickelten wir neben encurity noch eine Technologie und haben immer viele Anregungen von potenziellen Nutzern einfließen lassen. Dafür haben wir selbstverständlich viel Zeit investiert.

Auch die Finanzierung des Projekts nahm viel Zeit für das Schreiben von Anträgen in Anspruch. Rückblickend betrachtet haben wir die Zeit, die für administrative Aufgaben nötig ist, unterschätzt.

An welchem Punkt steht comcrypto gegenwärtig? Haben Sie bereits die ersten Kunden?

Gegenwärtig sind wir über ein Technologiegründerstipendium der Sächsischen Aufbaubank (SAB) finanziert und auf der Suche nach einer Anschlussfinanzierung. Die Entwicklung unserer Technologie ist abgeschlossen, für diese haben wir bereits erste Anfragen. Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck an unserem E-Mail-Client encurity.

Wir haben circa 100 für den Betatest registrierte Personen beziehungsweise Firmen. Wann genau es losgeht, ist noch nicht ganz klar. Es fehlen noch einige wenige, aber wichtige Umsetzungen für die Nutzeroberfläche, wie zum Beispiel der Dialog zum Hinzufügen eines Empfängers für vertrauliche Nachrichten. Ende Sommer 2016 ist unser Ziel.

Wo wollen Sie und Ihre Mitgründer perspektivisch mit Ihrem Unternehmen hin? Welches Ziel streben Sie an?

Unsere Vision ist es, das Bewusstsein für die Risiken elektronischer Kommunikation zu schärfen und Lösungen zu realisieren, die jedem Nutzer ein Höchstmaß an Datensicherheit garantieren. Diese Lösungen sollten sich weltweit als Standard in der Wirtschaft etablieren.

Zum Schluss würde mich noch interessieren, wie Sie den Gründerstandort Chemnitz und seine Bedingungen für junge Entrepreneure einschätzen? Was läuft gut, was muss besser werden?

Chemnitz ist ein hervorragender Standort zum Gründen. Es gibt hier extrem schnelles Internet, sehr gut ausgebildete Fachkräfte sowie einen direkten Draht zur Forschung aufgrund der Technischen Universität, äußerst moderate Mieten und viele engagierte Unterstützer.

Ich wünsche mir allerdings, dass die Stadt selbst und von ihr betriebene Einrichtungen in Zukunft noch mehr auf Bedürfnisse von Gründern eingehen.

Herr Woeschka, vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Stephan Hönigschmid

https://comcrypto.de/

Kurzbiografie Alexander Woeschka

Alexander Woeschka wurde 1987 in Karl-Marx-Stadt geboren. Direkt im Anschluss an sein Abitur studierte er an der TU Chemnitz Elektrotechnik, Fachrichtung Mikroelektronik. Im November 2013 erhielt er sein Diplom und ist seit diesem Zeitpunkt im Gründungsprojekt verankert.

Fotos: Jens Moldenhauer

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