„Der Hub wird die Bühne sein, auf der Startups sich präsentieren können“

Sachsen bewirbt sich beim Bund, damit in Dresden ein Smart Systems Hub für das Internet der Dinge entstehen kann. Doch was haben eigentlich Gründer von dieser neuen Ideenschmiede? Wir sind der Frage auf den Grund gegangen und haben mit Ronald Scholz vom Arbeitskreis Startup des Verbandes Silicon Saxony gesprochen.

Ronald Scholz ist Gründer und Geschäftsführer von Sherpa.Dresden sowie Leiter des Arbeitskreises Startup des Silicon Saxony e.V.

Ronald Scholz. Foto: Sherpa.Dresden

Founderella: Herr Scholz, auf dem Campus der Technischen Universität Dresden ist ein sogenannter Smart Systems Hub geplant. Was hat die Startupszene in Dresden und ganz Sachsen konkret von dieser Ideenschmiede für digitale Innovationen?

Ronald Scholz: Zuallererst rücken wir Sachsen mit unserem Profil und unseren besonderen Kompetenzen in den Fokus innovativer Unternehmen auch weit außerhalb unseres unmittelbaren Umfelds. Diese internationale Sichtbarkeit und Wirkung ist ein wesentlicher Eckpfeiler des Hub-Konzepts, das seinen Ausgangspunkt auf der Bundesebene hat.

Zweitens: Startups haben eine ganz wichtige Rolle bei der Digitalisierung der „old economy“. Sie sind technologisch up to date und zugleich extrem agil – haben also beste Voraussetzungen, um die etablierten Branchen bei ihren Transformationsprozessen zu unterstützen. Dahinter steht ganz konkretes Business. Der Hub wird die Bühne sein, auf der Startups sich und ihr Können präsentieren können.

Einige Forscher und Gründer in anderen Regionen des Freistaats fragen sich jetzt besorgt, ob aufgrund des vorgesehenen Standorts vor allem die Landeshauptstadt profitiert. Halten Sie diese Bedenken für berechtigt?

Diese Bedenken sind absolut verständlich. Ich verstehe sie jedoch als Aufforderungen an die Gestalter des Hubs, von Anfang an transparent und integrierend bei seiner Umsetzung zu wirken.

Bisher war es wichtig, beim Bundeswirtschaftsministerium und dem Bitkom deutlich zu machen, dass wir hier in Dresden das Potenzial haben, einen der wenigen Hubs in Deutschland zu implementieren. Mit seinem Mikroelektronik-Kern war Dresden die einzige Stadt (so war es gefordert), die wirklich alle Kriterien erfüllen konnte.

Jetzt aber kommt es darauf an, den Hub auf unsere – sagen wir mal – „sächsischen Belange“ auszurichten: Sachsen ist von seiner Größe her vergleichbar mit Berlin. Eine Beschränkung auf Dresden allein wäre also schon rein quantitativ ein Fehler. Ich hoffe sehr, dass hier alle Partner der gesamten sächsischen Startup-Szene miteinander in einen Austausch eintreten.

Im Arbeitskreis Startup des Silicon Saxony e.V. haben wir dies bereits thematisiert, erste Treffen sind vereinbart. Gleiches gilt aus meiner Sicht auch für die Wirtschaft: Wenn der Hub bei der Digitalisierung der deutschen Leitindustrien wirken soll, dann müssen auch die anderen sächsischen Schlüsselbranchen ihre Anforderungen auf den Tisch legen.

Diese werden mittelständischer, vielleicht auch praktischer geprägt sein als die bayerischer Dax-Konzerne – eine sehr spannende Konstellation für Sachsen und den Hub.

Anwendungsbeispiel für das Internet der Dinge: Ein Wissenschaftler steuert mit einer Virtual-Reality-Brille und einem Daten-Handschuh einen Roboter. Foto: Stephan Hönigschmid

Anwendungsbeispiel für das Internet der Dinge: Ein Wissenschaftler steuert mit einer Virtual-Reality-Brille und einem Daten-Handschuh einen Roboter. Foto: Stephan Hönigschmid

Welche Potenziale können durch die neue Einrichtung erschlossen werden, die bisher brach liegen?

Das Spektrum der Startup-Akteure in Sachsen bietet bereits heute für alle Anforderungen von Startups passende Angebote in hoher Qualität. Der Hub kann durch seine Sichtbarkeit helfen, dass diese Exzellenz stärker wahrgenommen wird als bisher und insgesamt mehr Startups entstehen, gern auch durch Gründer von außerhalb Sachsens.

Wenn der Hub Startups und deren Auftraggeber aus der Industrie als seine „Kunden“ begreift und seine Aktivitäten entsprechend ausrichtet, dann wird er seine hochgesteckten Erwartungen erfüllen können.

Kann der Hub auch dazu beitragen, den Mittelstand und Startups für gemeinsame Vorhaben noch besser zusammenzubringen?

Der Hub hat dieses Potenzial auf jeden Fall! Dieses spezielle Thema wird aktuell im Rahmen der Tätigkeit des Arbeitskreises Startup bearbeitet und soll in ein entsprechendes Format münden. Der Hub ist meine Wunsch-Plattform, um es nachhaltig als Markteintritts-Hilfe für Startups zu implementieren.

Stanislaw Tillich, Martin Dulig, Frank Fitzek und Frank Schönefeld (von links) bei der Pressekonferenz zum Smart Systems Hub. Foto: Stephan Hönigschmid

Stanislaw Tillich, Martin Dulig, Frank Fitzek und Frank Schönefeld (von links) bei der Pressekonferenz zum Smart Systems Hub. Foto: Stephan Hönigschmid

Das Silicon Valley in den USA, das in Deutschland als Vorbild für jedes Startup-Ökosystem gilt, zeichnet sich nicht nur durch eine gute Vernetzung von Wirtschaft und Forschung mit den entsprechenden Institutionen aus, sondern auch durch eine spezielle Geisteshaltung. So gilt das Ausprobieren von Ideen als wünschenswert, selbst wenn diese später scheitern. Was muss passieren, damit der Smart Systems Hub nicht nur eine Investition in Beton ist, sondern auch in dieser Hinsicht neue Akzente setzt?

Die Frage enthält für mich schon einen Teil der Antwort: Die Investition in den Hub sollte vor allem in Konzepte und die Verknüpfung des „bereits vorhandenen Betons“ zwischen Zwickau und Görlitz gehen. Die Liste bereits existierender, exzellenter Orte in Sachsen ist lang.

Wenn diesen Strukturen ein Kopf hinzugefügt wird, der Wissen, Kontakte, Erfahrungen und Erfolgskonzepte teilt und die Interessen an Startup und Startups, von innen wie von außen, bündelt, dann war er eine gute Investition.

Und was das Valley angeht: Ich sehe dort vor allem den unbedingten Willen, „Business“ zu machen. Auf das Business wird alle Kompetenz und Aktivität ausgerichtet. Business ist auch der Gradmesser für das Scheitern. Es gehört nun mal dazu (möglichst früh, das ist für alle preiswerter).

Wir haben im Vergleich dazu eine zu starke Technologie-Fixierung, vielleicht sogar die Annahme, dass sich exzellente Technologie irgendwann am Markt ja durchsetzen muss. Ich denke, es ist andersherum: Der Kunde kauft, was ihm nützt. Technologie ist notwendig, um Business effizient und erfolgreich zu machen.

Amazon hat ganz am Anfang mal Bücher online verkauft, unschlagbar von klassischen Buchläden. Heute machen sie die besten Cloud-Infrastrukturen der Welt. Es war nicht andersherum…

Das Vorbild schlechthin für ein erfolgreiches Startup-Ökösystem ist das Silicon Valley in den USA. Hier ein Blick auf den Campus der Universität Stanford, die unter anderem die Gründer von Google hervorgebracht hat. Foto: Stephan Hönigschmid

Werden alle Formen von Startups gleichermaßen von der Ideenschmiede an der TU Dresden profitieren, oder sehen Sie einen Unterschied zwischen Hochtechnologie-Startups und Firmen, die zum Beispiel Apps für Verbraucher programmieren?

Der Hub wird auch eine technologische Plattform schaffen, auf der in allen Bereichen unseres Lebens Business gemacht werden kann. Eine App für Verbraucher braucht ja auch IT-Infrastrukturen: mobil, real-time, native cloud und mit big data. Das alles sind Themen, die wiederum Startups beschäftigen.

Die Möglichkeit, in den Labs des Hubs miteinander die beste Lösung für den Kunden zu schaffen, werden alle Startups miteinander teilen können. Wir müssen nur aufpassen, dass beim Zugang zum Hub (und anderen Hilfestellungen, wie z.B. Gründungs-Förderung) nicht weiter in gute (technologieorientierte) und nicht gute unterschieden wird.

Was gut ist, das entscheidet der Kunde – und alle plausiblen Geschäftsideen sollten gleiche Chancen haben.

Wie schätzen Sie die Zukunft der sächsischen Startupszene insgesamt ein? Wird sie auf lange Sicht neben großen Zentren wie Berlin und München bestehen können?

Wir werden immer eine lebendige Startup-Szene haben, für alles andere haben wir viel zu viele kluge Leute, die gern hier bei uns leben und arbeiten. Welche Bedeutung wir dabei erlangen, und ob die Welt mal voller Anerkennung auf ein sächsisches Startup blickt (so wie zuletzt vielleicht auf Novaled), das haben wir selbst in der Hand.

Die Voraussetzungen sind hervorragend. Das Besondere entsteht jedoch nur dann, wenn wir den Mut haben zu Transparenz, Austausch, voneinander lernen und wenn wir den gemeinsamen Willen teilen, dass einer von uns mal ganz oben ankommt – im Sattel eines Unicorns…

Herr Scholz, vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Stephan Hönigschmid

Kurzbiografie:

Ronald Scholz ist seit 20 Jahren in der Softwarebranche tätig und war unter anderem Vorstandsmitglied der GK Software GK. Als Gründer von Sherpa.Dresden hilft er gegenwärtig jungen IT-Startups, ein tragfähiges Geschäftsmodell aufzubauen und Wachstumspotenziale zu entdecken. Darüber hinaus engagiert er sich im Branchenverband Silicon Saxony und leitet dort den Arbeitskreis Startup.

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Ideenschmiede an der TU Dresden soll Sachsens Wirtschaft bei der Digitalisierung helfen
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Smart Systems Hub möchte Forschung, Industrie und Startups unter einem Dach zusammenbringen. Die Einrichtung wäre der einzige Standort im Osten.

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