Leipziger Startup hilft Frauen, endlich schwanger zu werden

Der Ovularing von Vivosens Medical ermittelt die besten Tage, um ein Kind zu zeugen. 288 Mal am Tag misst er deshalb die Körpertemperatur.

Mit Hilfe des Ovularings schaffen es manche Frauen schwanger zu werden, die die Hoffnung schon aufgegeben hatteFoto: Vivo Sens Medical/Anne Kreuz Fotografie

Mit Hilfe des Ovularings schaffen es manche Frauen schwanger zu werden, die die Hoffnung schon aufgegeben hatten. Foto: Vivosens Medical/Anne Kreuz Fotografie

Leipzig. Schwanger werden mit der Temperaturmethode. Obwohl prinzipiell vielen Frauen bekannt ist, wie sie auf diese Weise ihre fruchtbaren Tage bestimmen können, funktioniert es in der Praxis nicht immer. „Das Problem ist, dass häufig nur einmal am Tag gemessen wird. Die Zahlen sind zudem nur aussagefähig, wenn stets zum gleichen Zeitpunkt gemessen wird und der Lebenswandel mit Blick auf Schlaf, Alkohol und andere Aktivitäten ziemlich konstant ist“, sagt Bettina Brammer von der Leipziger Firma Vivosens Medical.

Weil auch der Gründer des Unternehmens, Professor Henry Alexander, der 40 Jahre als Leiter der Reproduktionsmedizin am Leipziger Uniklinikum tätig war, diese Schwierigkeiten sah und gleichzeitig mit den bestehenden Behandlungsmethoden unzufrieden war, suchte er eine Lösung.

Video von der Crowdfundingkampagne aus dem Jahr 2014. Quelle: Vivosens Medical

„In der Reproduktionsmedizin kommen in der Regel Ultraschall oder eine Hormonbestimmung zum Einsatz. Professor Alexander fand es jedoch schade, dass es mit den aktuellen Methoden de facto nicht möglich war, die Patientinnen individuell entsprechend ihres natürlichen Zyklus’ zu behandeln“, sagt Brammer und fügt an: „Er hat deshalb nach einer Möglichkeit gesucht, mit der sich der Zyklus der Frau komplett abbilden lässt.“

Der Ovularing neben einer Perlenkette. Foto: Vivosens Medical

Der Ovularing neben einer Perlenkette. Foto: Vivosens Medical

In der Folge entwickelte er das heute unter dem Namen „OvulaRing“ bekannte Produkt. „Es handelt sich dabei um einen Ring mit einem Durchmesser von fünf Zentimetern, der in die Scheide eingeführt wird und an dem ein kleiner Sensor eingeklickt wird, der die Temperaturdaten erhebt.“ Man habe sich das Prinzip des seit 20 Jahren auf dem Markt befindlichen Verhütungsmittels Nuvaring zu eigen gemacht, der Hormone abgibt, um eine Schwangerschaft zu verhindern. „Unser Ring gibt natürlich keine Hormone ab“, stellt Brammer, die sich bei Vivosens Medical um Marketing und Vertrieb kümmert und außerdem Gesellschafterin ist, gleich klar.

Ring kann auch beim Geschlechtsverkehr in der Scheide bleiben

Der Vorteil des Ovularings bestehe darin, dass die Temperatur nicht nur einmal, sondern 288 Mal am Tag erhoben wird. Alle fünf Minuten zeichnet der Sensor Veränderungen auf. Durch seine Integration in einen Ring, kann er laut Unternehmen grundsätzlich auch beim Geschlechtsverkehr in der Scheide bleiben „Die wenigsten Frauen empfinden das als störend“, sagt Brammer.

Obwohl der Sensor mit einer Batterie betrieben wird, brauchen die Frauen laut Vivosens Medical keine Angst haben. „Der Sensor ist vollkommen dicht in einer Keramikhülle eingelagert.“ Das Material dafür beziehe man von einer Meißner Firma, die sonst Zahnimplantate herstellt. „Wir sprechen deshalb manchmal spaßeshalber von Meißner Porzellan“, sagt Brammer. Durch die Einlagerung kann der Sensor auch nicht wiederverwendet werden. Die Batterie hält etwa ein halbes Jahr, danach wird er weggeschmissen. Der Ring ist indes aus flexiblem medizinischen Kunststoff ohne Weichmacher.

Mit diesem rosa Lesegerät werden die Daten des Sensors ausgelesen. Foto: Vivosens Medical

Mit diesem rosa Lesegerät werden die Daten des Sensors ausgelesen. Foto: Vivosens Medical

Über eine webbasierte Auswertungssoftware haben die Nutzerinnen Gelegenheit, unter myovularing.com ihre fruchtbare Phase, ihr Zyklusmuster und den Zeitpunkt des Eisprungs einzusehen. Nach Angabe von Experten ist jede Frau unabhängig von der individuellen Zykluslänge nur an etwa drei bis sechs Tagen pro Zyklus fruchtbar. Messbeginn ist jeweils nach der Monatsblutung. Laut Vivosens Medical brauchen Nutzerinnen im Schnitt 4,3 Monate, um schwanger zu werden.

Die Nutzung des über den Webshop erhältlichen Produkts kostet für drei Monate 255 Euro, für sechs Monate 359 Euro und für 12 Monate 478 Euro.

So sieht die Verpackung des Produktes aus. Foto: Vivosens Medical

So sieht die Verpackung des Produktes aus. Foto: Vivosens Medical

„Bisher haben unser Produkt mehr als 1500 Frauen genutzt. Es wird zudem von 200 Gynäkologen in ganz Deutschland empfohlen“, sagt Brammer. Wie viele Kinder durch den Ring das Licht der Welt erblickt hätten, könne man aufgrund des Datenschutzes aber nicht sagen. „Wir wissen von 50 Ovulababys. Das ist uns jedoch nur deshalb bekannt, weil uns manche Frauen, die bereits die komplette Reproduktionsmedizin ausprobiert und eigentlich schon die Hoffnung aufgegeben hatten, freudig geschrieben haben, dass es endlich geklappt hat.“

Als Medizinprodukt musste der Ovularing strenge Zulassungsverfahren durchlaufen

Weil es sich um ein Medizinprodukt handelt, musste der patentierte Ovularing zunächst verschiedene Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor er 2013 schließlich auf den Markt kam. „Wir mussten in medizinischen Studien den Nutzen beweisen und darlegen, dass er nicht schädlich ist“, sagt Brammer. Mit der CE-Zulassung sei dies für ganz Europa gelungen. Der Sprung auf den US-Markt sowie nach Asien ist für Ende 2018 geplant. „Das hängt auch von weiteren Finanzierungsrunden ab“, sagt Brammer und ergänzt: „Unser Fokus liegt im Moment darauf, das Geschäftsmodell mit Hilfe von Investoren zu skalieren.“

Neben Geld spielt für die 2011 gegründete Firma bei einem Investor auch sein Netzwerk eine große Rolle. „Wir haben am Anfang 1,5 Millionen vom Technologie- und Gründerfonds Sachsen bekommen. Für den Start war das sehr wichtig, allerdings gibt es bei diesem Fonds anders als bei privaten Investoren kein privates Netzwerk, das man für Marketing und Vertrieb nutzen kann“, sagt Brammer.

Suche nach Fachkräften ist in Leipzig schwierig

Eindeutig zufrieden ist die Firma mit ihrem Standort in Leipzig. „Wir fühlen uns hier sehr wohl. Außerdem gibt es einen guten Austausch mit der Bio City oder der Universität. Aufgrund der Nähe zu Berlin ist zudem der Kontakt zu internationalem Publikum kein Problem“, sagt Brammer. Was hingegen deutlich schwieriger ist, ist der Zugang zu qualifizierten Fachkräften. „Es ist nicht so einfach, gute Fachleute wie zum Beispiel Programmierer zu finden“, sagt Brammer.

Stephan Hönigschmid

www.vivosensmedical.com

www.ovularing.com

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Stephan Hönigschmid – Gründer von Founderella

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