Zwei Designer gehen in die Luft – Privatflüge für alle
Mitfahrzentralen boomen seit Jahren. Vor allem Autofahrten werden auf diversen Portalen angeboten. Ein Angebot suchte man bisher aber vergebens: Flüge. Zwei Leipziger möchten das jetzt ändern.
Leipzig. Peter Nürnberger (26) und Kim-Julian Becker (26) aus Leipzig haben das Prinzip der Mitfahrzentralen auf den Bereich der Privatflüge übertragen. Auf ihrer neu gegründeten Plattform Flyt.club haben Privatpiloten die Möglichkeit, ihre Angebote einzustellen, während Interessenten verbindlich reservieren können. „Mein Kollege Kim Becker hatte vor anderthalb Jahren bereits über Mitflugbörsen im Internet gelesen. Meist waren diese aber nur für Piloten als Zielgruppe ausgelegt und nicht für Mitflieger“, sagt Peter Nürnberger.
Darüber hinaus stach den damaligen Designstudenten sofort das schlechte Layout dieser Seiten ins Auge. „Eine Seite war in einem Pilotenforum angesiedelt und machte keinen ansprechenden Eindruck. Als wir nach umfassender Recherche im Internet nichts Besseres fanden, haben wir uns dazu entschieden, selbst etwas auf die Beine zu stellen“, so Nürnberger.
Zunächst mussten sie aber noch ihre Bachelorarbeit schreiben. Und weil in ihren Köpfen ohnehin nur noch ein Thema herumspukte, schrieben sie diese praktischerweise über die geplante Flugbörse. „Wir haben in dieser Zeit viel mit Piloten geredet und sind mitgeflogen“, sagt Nürnberger.
Ein ausgearbeitetes Geschäftsmodell hatten sie aber noch nicht. Dennoch wussten die Gründer: Eine gute Idee allein reicht nicht. Nur mit einem ausgeklügelten Konzept kann man langfristig bestehen. Mit ihrem Existenzgründerstipendium, das beiden jeweils 2000 Euro pro Monat einbringt, nahmen sie deshalb in der Leipziger Agentur „Gründernest“ am Gründercoaching teil und ließen ihr Vorhaben von langjährigen Gründungsexperten auf Herz und Nieren prüfen.
Im Zuge der Recherche beschäftigten sie sich auch mit rechtlichen Aspekten. „Laut einer EU-Richtlinie vom vergangenen Jahr dürfen die Piloten selbst nur zum Selbstkostenpreis fliegen und nicht mehr als sechs Personen befördern. Vorher war das unklar, weshalb sich wohl auch niemand an dieses Geschäft herangewagt hat“, sagt Nürnberger. Die Preise der Flüge variieren je nach Strecke und Aufwand. Als Richtwert lässt sich aber sagen, dass eine Maschine inklusive Benzin etwa 150 Euro pro Stunde kostet, wenn sie von einem Piloten gechartert wird.
Gegenwärtig gibt es in Deutschland nach Angaben des Luftfahrtbundesamtes 88.000 Privatpiloten, die jährlich 1,3 Millionen Mal fliegen. In Europa können sie dabei etwa 4000 Flugplätze – davon 550 in Deutschland – ansteuern.
Zu den Highlights von Flyt.club gehören im Moment ein dreitägiger Rundflug nach Irland oder ein Trip nach Schottland. Für Kurzentschlossene bietet sich zudem eine Mitfluggelegenheit zum Deichbrand-Festival in Cuxhaven vom 16. bis 19. Juli. Die Mitflugbörse richtet sich grundsätzlich an alle Interessenten innerhalb der Europäischen Union. Eine englischsprachige Website soll bald folgen.
Das Angebot von Flyt.club is so gestaltet, dass Piloten und Mitflieger gleichermaßen abgesichert sind. Über einen integrierten Chat können die Mitflieger vorab die Piloten kennenlernen. Jeder Flug wird nach der Durchführung von beiden Seiten bewertet. Und auch finanziell geht niemand ein Risiko ein. Bis zum Abschluss des Fluges verbleibt das Geld auf einem Zwischenkonto. 10 Prozent davon verdient Flyt.club als Provision für die Vermittlung.
Stephan Hönigschmid