Silicon Saxony trifft sächsische Gründerszene in Dresden
Teilnehmer fordern mehr Mut zum Risiko, weniger Bürokratie und eine bessere Zusammenarbeit von Startups und etablierten Unternehmen.
Dresden. Der diesjährige Silicon Saxony Day stand am Dienstag in Dresden ganz im Zeichen der Startup-Szene. Neben Firmengründern, die ihr Unternehmen vorstellten, wurde bei der 10. Auflage der Veranstaltung vor allem fleißig diskutiert und genetzwerkt. Unter dem Titel „Gründen, Finanzieren, wachsen. Wie leistungsfähig ist Sachsens Startup-Ökosystem“ beleuchteten Gründungsexperten und Finanzfachleute die aktuelle Situation im Freistaat und gaben Empfehlungen für Veränderungen.
Dabei wurde klar, dass es zwar viele gute Ideen gibt, diese aber häufig an am fehlenden Mut zum Risiko scheitern. „Manche Leute bleiben lieber an der Uni, als ein Unternehmen zu gründen. Genau an diesem Punkt brauchen wir in der Gesellschaft eine andere Kultur. Man muss im Leben auch mal etwas riskieren“, sagte einer der Gründer der Chemnitzer Firma Baselabs, Holger Löbel.
Am Geld mangelt es jedenfalls nicht. Denn obwohl sich Risikoinvestoren noch immer überwiegend auf Berlin konzentrierten, könne man auch in Sachsen davon profitieren. Diese Auffassung vertrat André Nikolski, der in Leipzig den Coworking Space „Basislager“ managt. „Als Startup in Dresden oder Leipzig kann man sich das Geld auch von internationalen Investoren in Berlin holen. Durch die räumliche Nähe sei das kein Problem, so Nikolski.
Mit veränderten Rahmenbedingungen würde es allerdings noch besser funktionieren. „Anders als in den USA gibt es in Deutschland rechtliche Gründe, die zum Beispiel Rentenfonds daran hindern, ein Prozent ihres Vermögens in Venture Capital-Anlagen zu investieren. In diesem Punkt haben wir noch Nacholbedarf“, erläuterte der Berliner Investment Manager Jan Alberti von der Firma bmp.
Darüber hinaus plädierte er für mehr Geduld mit den Startups. „In den USA steht erst einmal die Idee im Vordergrund. Wenn diese überzeugend ist, machen sich die Investoren über die Monetarisierung zunächst keine Gedanken. ‚Über dieses Thema sprechen wir nach dem Börsengang’, heißt es dann mitunter.“ Diesen langen Atem habe man in Deutschland kaum, kritisierte der Manager. Als Alternative bleibt da in der Regel nur das „Bootstrapping“, also die Eigenfinanzierung. Allerdings sei das nur etwas für Leute, die „hungern“ wollen und zu Entbehrungen bereit sind, so Alberti.
Neben der Erörterung der finanziellen Aspekte gab die Expertenrunde auch praktische Tipps für aufstrebende Startups, um das Geschäft anzukurbeln. „Für uns war es sehr lohnenswert, auf Fachmessen zu gehen. Obwohl das etwa 1500 Euro pro Person kostet, war es das wert“, sagte Holger Löbel. Auf diese Weise hätten er und seine Mitstreiter wertvolle Kontakte geknüpft, die zu Aufträgen führten. Seiner Meinung nach sei das erfolgversprechender als mit Cold Calls (Telefonanrufe bei jemandem, den man noch nicht kennt), so Löbel. Zudem riet er Gründern davon ab, ausschließlich Startup-Veranstaltungen zu besuchen. Branchenspezifische Events seien für ihn der bessere Weg, betonte er.
Bevor die Panel-Diskussion schließlich zu Ende ging, sprachen die Teilnehmer darüber, was an der Infrastruktur in Sachsen besser werden muss, damit Startups gedeihen können. Auf der Wunschliste standen unter anderem vereinfachte Förderanträge und weniger Bürokratie, aber auch eine bessere Zusammenarbeit von etablierten Unternehmen und Startups.
„Die Unternehmen müssen beim Produkteinkauf auch mal ein Auge zudrücken. Bisher werden zu wenig Dienstleistungen und Produkte von Startups gekauft“, sagte Jan Alberti. Allerdings warnte er auch vor Fallstricken der Zusammenarbeit. „Man sollte nicht zur ausgelagerten Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Mittelständlers oder Großunternehmens werden. So nimmt man schnell die Rolle des Dienstleisters ein, anstatt sein eigenes Produkt zu entwickeln“, so Alberti.
Insgesamt zogen die Teilnehmer den Schluss, dass die Startupszene in Sachsen zwar auf dem richtigen Weg sei, aber noch kein richtiges Ökoystem existiere. „Die Gründerszene ergibt heute noch ein recht diffuses Bild. Die Leute müssen aus der Deckung kommen und genau sagen, was sie können und was nicht. Wir können beispielsweise Software aber nicht Biotech“, erklärte Ronald Scholz von der Sherpa.Dresden GmbH.
Stephan Hönigschmid