Einem kubanischen Zigarrendreher über die Schulter geschaut
In einer Schauwerkstatt in der Maxstraße können Dresdner demnächst erleben, wie Zigarren entstehen.
Dresden. Zigarrendrehen ist eine Kunst für sich. Kaum jemand ahnt, welche Fingerfertigkeit notwendig ist, bis aus den Tabakblättern die fertige Zigarre entstanden ist. In Dresden können Freunde des gediegenen Paffens in der „Zigarren Manufaktur Dresden“ demnächst einem echten kubanischen Zigarrendreher über die Schulter schauen. „Wir eröffnen in der Maxstraße ein Lokal. Sobald das Steuerlager genehmigt ist, kann es losgehen“, sagt Geschäftsführerin Katrin Lieberum (32). Ein derartiges Lager ist notwendig, weil die Einfuhr von Tabak strengen Zollbestimmungen unterliegt.
Besitzt man kein eigenes Lager, darf man keine Zigarren drehen. Auch aus diesem Grund hat Katrin Lieberum gemeinsam mit ihrem Freund Lazaro Javier Herrera Cabrera, der das Zigarrendrehen in Kuba von der Pike auf gelernt hat, ein eigenes Unternehmen gegründet. Denn obwohl er bereits seit 2009 als selbstständiger Zigarrendreher im Einsatz ist und beispielsweise auf dem Dresdner Semperopernball und dem Berliner Presseball gearbeitet hat, war er immer von einem Veranstalter abhängig, der eine Zollerlaubnis hatte.
Das soll jetzt anders werden. Lange genug träumte Lazaro Javier Herrera Cabrera schließlich davon. Praktischerweise hat seine Freundin Katrin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) International Business studiert, so dass er sich voll und ganz auf das Handwerk und sie aufs Geschäft konzentrieren kann.
Trotz dieser Arbeitsteilung gibt es Prinzipien, auf die sich die beiden vorab gemeinsam geeinigt haben. „Wir legen großen Wert auf fairen Handel. Daher ist es uns wichtig, dass die Produzenten ordentlich bezahlt werden und es keine Kinderarbeit gibt”, sagt Lieberum, die den Tabak in Nicaragua kauft. Das Fair-Trade-Siegel werden die Zigarren „made in Dresden” trotzdem nicht tragen können. „Weil es sich um Tabakwaren handelt, die als gesundheitsschädlich eingestuft werden, ist das nicht möglich”, erklärt die Geschäftsführerin.
Dennoch hat sie auch unabhängig von dem Siegel großes Interesse an Fairness und Nachhaltigkeit. Deutlich wird das zum Beispiel an den Zigarrenkisten. Die sollen nämlich nicht aus China, sondern ausschließlich von einheimischen Produzenten kommen. Fürs erste Jahr sind 160 Kisten à 25 Zigarren geplant. Eine Zigarre soll dabei durchschnittlich 25 Euro kosten. Neben dem Laden in der Maxstraße werden die Zigarren außerdem in ganz Deutschland verkauft. Entsprechende Kontakte zu Händlern sind bereits geknüpft.
Das klingt nach sehr guter Vorbereitung. Nichtsdestotrotz stellt sich die entscheidende Frage: Gibt es in Zeiten von Nichtraucherkampagnen und Rauchverboten überhaupt noch einen Markt für Zigarren? „Durchaus. Während im Niedrigpreissegment bei den Zigaretten ein Rückgang zu verzeichnen ist, geben die Leute für qualitativ hochwertige Zigarren immer mehr Geld aus”, so Lieberum.
Ein Blick in die Statistik bestätigt die Auffassung der Geschäftsführerin. Laut Statistischem Bundesamt fiel der Absatz von Zigaretten 2014 mit 79,5 Milliarden auf den niedrigsten Stand seit 1991. Eine Rolle spielte dabei sicherlich auch die erhöhte Tabaksteuer. Zigarren waren davon nicht betroffen. Ihr Absatz stieg 2014 um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Ungeachtet der guten Marktsituation ist auch für die „Zigarren Manufaktur Dresden”, bei der es sich um eine Ausgründung der HTW-Gründungsschmiede handelt, aller Anfang nicht leicht. Vor allem Geld ist Mangelware. Um das Lokal dennoch adäquat ausgestalten und hochwertigen Tabak aus Nicaragua kaufen zu können, startet das Unternehmen bei Startnext eine Crowdfundingkampagne. 15.000 Euro sollen auf diese Weise in die Kasse kommen. Erst dann hat kubanische Handwerkskunst in Form des Zigarrendrehens endlich eine feste Heimstätte in Dresden.
Stephan Hönigschmid
Crowdfunding Link: www.startnext.com/zigarren-