Tretauto statt E-Auto. So möchte ein Erfinder Lieferdiensten helfen
Mit seinem Cit-Kar hat Jonas Kremer ein E-Bike auf vier Rädern konstruiert. 750 Vorbestellungen liegen bereits vor.
Berlin. Der Einkauf am Wochenende bringt ihn auf die Idee. Als Jonas Kremer Ende 2013 völlig durchnässt vom Supermarkt zurückkehrt, weil es gerade in Strömen regnet, sucht er nach einer Möglichkeit, seine Einkäufe trocken nach Hause zu bringen. Auto und öffentliche Verkehrsmittel will er nicht benutzen, weil er damit oft im Stau steht und es ihm auch zu teuer ist.
Umso begeisterter ist er, als ihm einige Tage später ein Kind mit seinem Kettcar begegnet. „Ich habe sofort daran gedacht, dass es doch schön wäre, das Tretauto zu einem wetterfesten Gefährt mit Transportbox und Elektromotor umzubauen“, sagt der 23-Jährige. Obwohl das zunächst nur ein flüchtiger Gedanke ist, lässt ihn die Vorstellung in der Folge nicht mehr los.
„Im Frühling 2014 habe ich endgültig beschlossen, das Projekt umzusetzen“, sagt Kremer, der beim Bundesbeauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, auch Kulturstaatsminister genannt, eine Ausbildung zum Fachangestellten für Bürokommunikation absolviert. Weil er bei seinem Konzept eine Art Auto in Sinn hat, das am Ende doch ein Fahrrad ist, nennt er das Ganze Cit-Kar. Auf unzähligen Zeichnungen entwirft er die verschiedenen Prototypen und treibt die Entwicklung voran.
Damit das Fahrzeug nicht nur schön aussieht, sondern die Konstruktion auch Hand und Fuß hat, lässt er am Technologie-Institut für Metall und Engineering in Wissen die notwendigen Berechnungen anstellen. Anschließend fällt der Startschuss für den Bau des Prototypen, der 2016 nach einen Jahr Arbeit abgeschlossen ist. Herausgekommen ist ein Fahrzeug, das 90 Zentimeter breit und 2,25 Meter lang ist. Wie ein Pedelec wird es mit Tretkurbel und einem 250 Watt starken Elektromotor aktiv vom Fahrer bewegt.
Das Schalten von einem Gang in den nächsten entfällt dank einer Nuvinci Automatiknabenschaltung, bei der lediglich die gewünschte Trittfrequenz eingestellt werden muss. Darüber hinaus verfügt das Cit-Kar über eine Federaufhängung, ein hydraulisches Bremssystem mit Scheibenbremsen und eine stabile Rahmenkonstruktion aus Stahl und Aluminium.
„Mit dem Elektromotor erreicht das Cit-Kar Geschwindigkeiten von bis zu 40 Stundenkilometer“ sagt Kremer. Schneller soll es nicht werden. Und das hat auch seinen Grund. „Es soll bewusst ein Fahrrad sein, weil es dann keine Zulassung benötigt und keine Steuern fällig werden“, sagt der 23-Jährige. Wichtig ist für den Erfinder auch, dass sein Fahrzeug den Radweg benutzen darf.
„Als Zielgruppe für unser Produkt haben wir vor allem Lieferdienste in Sinn, die mit dem Cit-Kar nicht mehr im Stau zu stehen brauchen, aber trotzdem ähnlich zügig wie mit dem Auto vorankommen. Dank der wabenförmigen Thermo-Transportbox müssen sie zudem auch keine Sorge mehr haben, dass das Essen kalt wird“, so Kremer, der für sein Gefährt sowohl national als auch international Patente angemeldet hat.
750 Vorbestellungen liegen für das Cit-Kar laut Kremer bereits vor, unter anderem von bekannten Namen wie zum Beispiel Vapiano. „Es handelt sich noch um unverbindliche Vorbestellungen, aber wir sind gerade dabei, sie verbindlich zu machen.“ Mit einer Reichweite von 150 bis 200 Kilometer sei das Fahrzeug für Lieferdienste gut geeignet. Er könne sich aber auch eine Verwendung bei Handwerkern oder Pflegediensten vorstellen, so Kremer, der aus diesem Grund auch der Unfallthematik Aufmerksamkeit geschenkt hat und ein Lenkrad einbauen will, das bei starkem Druck nach unten abknickt.
Als Preis strebt der Berliner Erfinder 6000 Euro an und sieht sich damit am Markt gut positioniert. „Pro Kilometer sind wir 75 Prozent günstiger als ein Elektro-Auto.“ Im Gegensatz zum Auto könnten die Nutzer das Cit-Kar aber bequem an der Haussteckdose laden, so Kremer, der wie bei E-Bikes Lithium-Ionen-Akkus mit einer Kapazität von 1500 Wattstunden verwendet, die mit Schnellladegerät in etwa 4,5 Stunden aufgeladen werden können. Geht alles planmäßig, kommt das Cit-Kar im Winter auf den Markt.
Stephan Hönigschmid