Prost! Diese Gründer aus Dresden haben ein Bier-Startup gegründet
Die kleine Brauerei ist eine Ausgründung aus der Universität. Mit einem handgemachten Bier möchte sie vor allem den regionalen Markt erobern.
Dresden. Alles beginnt mit einer Änderung im Chemie-Studium. 2015 treffen die Dresdner TU Professoren Jan Weigand (45) und Thomas Henle (57) die Entscheidung, die Ausbildung umzustellen. „Im Studium muss ein biotechnologisches Verfahren gelehrt werden. Mein Vorgänger, der in den Ruhestand gegangen ist, beschäftigte sich vor allem mit der Aufbereitung von Abwasser. Das haben wir geändert und uns stattdessen fürs Bierbrauen entschieden“, erklärt Professor Weigand den Werdegang. Zu diesem Zweck wurde im Chemiegebäude in der Mommsenstraße eine Brauanlage samt Gärtanks und Abfülleinrichtung eingebaut.
Erste Markttests auf der „Langen Nacht der Wissenschaft“
Während die Chemiestudenten über die Abwechslung erfreut waren, spricht es sich auch sonst an der Universität herum, dass es nun eine eigene Brauerei auf dem Campus gibt. „Uns haben zahlreiche Anfragen erreicht, weshalb wir das Bier zum Beispiel auf Veranstaltungen wie der ‚Langen Nacht der Wissenschaft‘ ausgeschenkt haben“, sagt Jan Weigand.
Obwohl das TU-Bier auf großes Interesse stößt, handelt es bis zu diesem Zeitpunkt um ein nicht-kommerzielles Produkt. Dennoch reift bei Jan Weigand und Thomas Henle der Entschluss, mit der Idee eine Firma zu gründen. „Das war die Geburtsstunde des heutigen ‚Lohrmanns Brew‘.“ Ende 2018 sei die Entscheidung gefallen, offiziell gegründet habe man am 6. Mai 2019, so Weigand.
TUDAG hilft bei der Ausgründung
Mit ins Boot holen sie sich die damalige Chemie-Doktorandin Sophia Witte (28) und den Kaufmann Francisco Arroyo Escobar (52). Beide übernehmen die Geschäftsführung des neuen Unternehmens. Die Ausgründung wird über die Transfergesellschaft TUDAG der TU Dresden abgewickelt. „Die TUDAG ist das Bindeglied zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. In unserem Fall hat die TU Dresden die Rezepte für verschiedene Biersorten an das neue Unternehmen übertragen. Dafür hat die TUDAG im Gegenzug Anteile an der Firma bekommen“, erklärt Francisco Arroyo Escobar, der mit dem Vorgang gut vertraut ist ist, weil er auch als Beteiligungsmanager bei der TUDAG arbeitet.
Platzierung als Nischenbier von der Uni
Seit seiner Gründung hat das Bier-Startup bereits einige mediale Aufmerksamkeit erhalten. Dennoch gilt analog zum Fußball: Die Wahrheit liegt auf dem Platz – beweisen muss sich die Firma am Markt. Stellt sich die Frage, wie sie das auf dem hart umkämpften Biermarkt anstellen will? „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu großen Marken wie Feldschlößchen oder Radeberger. Vielmehr wollen wir uns als Bier von der Uni präsentieren, das unter anderem bei Immatrikulationsfeiern oder Unifesten ausgeschenkt wird.“
TU-Gründer als Namenspatron
Deutlich werde dies schon am Namen „Lohrmanns“, schließlich handele es sich dabei um den Gründer der TU Dresden. Neben der Uni sehe man Dresden und später auch ganz Sachsen als Kernmarkt, sagt Geschäftsführerin Sophia Witte und fügt an: „Punkten wollen wir damit, dass es eben kein Massenbier, sondern ein handgemachtes Bier mit hoher Qualität ist.“ Das erste Pils, welches man im Angebot habe, sei ein schlankes Pils mit einer intensiven Hopfennote und einem herben Fruchtaroma – alles gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot, sagt die promovierte Chemikerin.
Teurer als Massenbiere
Jan Weigand ergänzt: „Das wird kein Bier, das preislich für 65 Cent erhältlich ist. Wir werden sicherlich teurer sein, als die Standardbiere.“Anknüpfen möchte man ein Stückweit an die Tradition der kleinen privaten Brauereien, die es heute vor allem in Süddeutschland noch in großer Zahl gebe, sagt Weigand, dessen Vater selbst Braumeister und Betriebswirt in einer solchen Brauerei in Franken war.
Bierflaschen ab November im Handel
Gegenwärtig lässt das junge Dresdner Unternehmen sein Bier regional von einer befreundeten Brauerei herstellen. „Langfristig soll es aber eine Schaubrauerei geben“, sagt Sophia Witte. Wer sich aktuell für das Bier interessiert, kann beispielsweise ein 50-Liter-Fass für eine Geburtstagsfeier ordern. Auch auf der Immatrikulationsfeier der TU Dresden wird es am 10. Oktober wieder ausgeschenkt. Wenig später erfolgt dann der Start im Handel. „Wir führen momentan Gespräche mit dem Getränkehandel. Ab November soll das Bier in Flaschenform im Supermarkt verfügbar sein“, sagt Francisco Arroyo Escobar. Weitere Biersorten sowie Formate wie Bierseminare sollen ab 2020 folgen.
Stephan Hönigschmid