Die Cannabis-Revolution – Verliert Deutschland den Anschluss?

Seit 2017 ist Cannabis in Deutschland für medizinische Zwecke legal. Ganz so stürmisch wie in den USA und Kanada hat sich das Geschäft aber bisher nicht entwickelt. Das hat Gründe.

Immer mehr Bundesstaaten in den USA legalisieren Cannabis. Es warten riesige Geschäfte - für die Privatwirtschaft und für den Staat. Foto: Gordon Johnson via Pixabay

Immer mehr Bundesstaaten in den USA legalisieren Cannabis. Es warten riesige Geschäfte – für die Privatwirtschaft und für den Staat. Foto: Gordon Johnson via Pixabay

New York/Berlin/Ebersbach. Wer hierzulande auf die Idee kommt, Cannabis anzubauen, muss sich früher oder später darauf einrichten, Besuch von der Polizei zu bekommen. Umso interessanter ist, was sich gerade in den USA ereignet. Dort plant nämlich der Bundesstaat New York nichts weniger als die Legalisierung der bisher verbotenen Droge.

Laut einem Gesetzentwurf, auf den sich Gouverneur Andrew Cuomo und Abgeordnete des Regionalparlaments jetzt geeinigt haben, soll der Konsum und Anbau von Cannabis für den persönlichen Gebrauch erlaubt werden. Bestehende Vorstrafen im Zusammenhang mit der Droge werden dann gestrichen. In 14 weiteren Bundesstaaten der USA sowie in der Hauptstadt Washington D.C. ist Cannabis bereits legalisiert worden. 

Milliardengeschäft Cannabis

Da die USA keine Bananenrepublik sind, muss einen das hellhörig machen. Wenig überraschend, haben diese Bestrebungen kaum mit Nachsichtigkeit oder einem ausgeprägten Liberalismus zu tun: In erster Linie geht es ums Geschäft – ein Milliardenmarkt wartet.

Nach einer vom Portal Streetinsider zitierten Prognose von Arcview Market Research wird der globale Cannabis-Umsatz im Jahr 2025 voraussichtlich bei 47 Milliarden US-Dollar liegen. Wie hoch die Wachstumsraten sind, wird bereits deutlich, wenn man den Wert von 2020 (21,3 Milliarden US-Dollar) mit dem von 2019 (14,4 Milliarden US-Dollar vergleicht) – ein Anstieg von 48 Prozent. 

Deutsche Regelungswut hemmt das Geschäft

In Deutschland darf Cannabis seit 2017 ausschließlich für medizinische Zwecke eingesetzt werden. Damit sollen etwa Spastiken bei Multipler Sklerose oder chronische Schmerzen gelindert werden. Die strenge Regulierung scheint das Geschäft jedoch zu hemmen. Wie kürzlich das Handelsblatt meldete, ist laut einer Studie der gesetzlichen Krankenversicherung die Zahl der Verordnungen 2019 um 44 Prozent, aber 2020 nur noch um 20 Prozent gestiegen. Die Erwartungen waren beim Vergleich mit Kanada oder den USA sehr viel höher. 

In absoluten Zahlen sind in Deutschland im Vorjahr demnach rund 320.000 Verordnungen ausgestellt worden. Nach Angaben des Handelsblattes dürften die gesetzlichen Krankenkassen damit brutto rund 150 Millionen Euro für Cannabis als Medizin ausgegeben haben.Von einem stürmischen Geschäft ist da keine Spur. Anvisiert hatten Branchenkenner ähnlich wie in Kanada jährlich ein Prozent der Bevölkerung, also 800.000 Menschen. Die Gründe für das langsame Wachstum liegen auf der Hand: Die Erstattung der Kosten ist bürokratisch und es sind jeweils Einzelfallentscheidungen. Zudem haben Ärzte Berührungsängste bei dem Thema. 

Auf diesem ehemaligen Schlachthof in Ebersbach im Landkreis Meißen produziert das Startup Demecan Cannabisblüten. Foto: PR/Demecan

Auf diesem ehemaligen Schlachthof in Ebersbach im Landkreis Meißen produziert das Startup Demecan Cannabisblüten. Foto: PR/Demecan

Sächsische Provinz statt hipper Hauptstadt

Obwohl das so ist, gibt es dennoch Firmen, die in der Cannabis-Branche reüssieren wollen. Einer von nur drei deutschen Produzenten, die für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Cannabis produzieren dürfen, ist das Berliner Startup Demecan (Die zwei anderen sind die deutschen Tochtergesellschaften der kanadischen Unternehmen Aurora und Aphria). Statt in der hippen Hauptstadt hat es seine Produktion in der sächsischen Provinz, genauer gesagt in Ebersbach im Landkreis Meißen aufgeschlagen. Mit besonderer Liebe oder einer persönlichen Verbindung zum Freistaat hat das allerdings nichts zu tun.

„Wir haben eigentlich ganz pragmatisch geschaut, wo ein passendes Gebäude verfügbar ist“, sagt Demecan-Sprecher Franz Großmann. In dem ehemaligen Schlachthof war das Startup zunächst Mieter, bevor es das Objekt 2020 selbst kaufte. Aufgrund der hohen gesetzlichen Sicherheitsauflagen sei die bestehende Bausubstanz vorteilhaft gewesen. „Wir brauchen für unsere Produktion Wände aus 24 Zentimeter dickem Stahlbeton, vergleichbar mit Tresorwänden in einer Bank.“

In dem Gebäude in Ebersbach habe es schon derartig dicke Wände gegeben, so dass man nur noch an einigen Stelle welche einziehen musste, sagt Großmann. Auch im Dachbereich geht die Sicherheit weiter. „Ein verglastes Dach, um Sonnenstrahlen hineinzulassen, ist in Deutschland nicht erlaubt“, so der Sprecher. 

Der Ökonom Adrian Fischer, der Arzt Cornelius Maurer und der Jurist Constantin von der Groeben (v.l.n.r.) sind die Gründer des Medizin-Cannabis-Startups Demecan. Foto: PR/Demecan

Der Ökonom Adrian Fischer, der Arzt Cornelius Maurer und der Jurist Constantin von der Groeben (v.l.n.r.) sind die Gründer des Medizin-Cannabis-Startups Demecan. Foto: PR/Demecan

Cannabisblüten landen im Stahlsafe

In den Hallen müssen nicht nur aus Sicherheitsgründen strenge Vorschriften befolgt werden. So gibt es für die Pflanzen ein eigenes Lichtkonzept und es herrschen strenge Hygieneregeln. Unter anderem dürfen die Produktionshallen nur mit Schutzkleidung betreten werden. Darüber hinaus ist Fachpersonal im Einsatz. Die Mitarbeiter müssen nach Angaben von Demecan über pharmazeutische Erkenntnisse bei der Herstellung von Medizinprodukten verfügen. Sind die Cannabispflanzen schließlich herangewachsen, werden die Blüten geerntet und in einem speziellen Stahlsafe gelagert.

Knapp 40 Mitarbeiter beschäftigt Demecan derzeit. Davon arbeiten sechs in Berlin und der Rest in Ebersbach. In den nächsten vier Jahren soll das von einem Arzt, einem Juristen und einem Ökonomen 2017 gegründete Startup im Auftrag des BfArM mindestens 2.400 Kilogramm getrocknete Cannabisblüten produzieren.

Stephan Hönigschmid

www.demecan.de

– Der Newsletter –
Stephan Hönigschmid – Gründer von Founderella

Die besten Storys aus Sachsens Gründerszene

Just do it! Melde Dich jetzt zum Founderella-Newsletter an.

Wir halten deine Daten privat und teilen sie nur mit Dritten, die diesen Dienst ermöglichen. Lies unsere Datenschutzerklärung.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen