Dresdner Startup eZelleron startet in Kürze die Produktion

Mit dem Mini-Kraftwerk der Firma kann jeder unterwegs sein Smartphone aufladen – alles was er braucht ist Flüssiggas.

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Sascha Kühn zeigt das von ihm entwickelte Mini-Kraftwerk. Foto: Stephan Hönigschmid

Dresden. Etwa 1,3 Milliarden neue Smartphones kommen laut Schätzungen dieses Jahr weltweit auf den Markt. Und obwohl die Akkus immer besser werden, führt am regelmäßigen Aufladen kein Weg dran vorbei. Damit niemand mehr auf Reisen verzweifelt eine Steckdose suchen muss, hat das Dresdner Startup eZelleron sein Mini-Kraftwerk entwickelt – eine mit Flüssiggas betriebene Brennstoffzelle.

„Ich bin selbst immer viel gereist und war bei einem USA-Aufenthalt einmal in der Situation, dass ich nirgendwo mein Smartphone aufladen konnte. Gleichzeitig fiel mir aber auf, dass meine Kollegen keine Probleme hatten, Flüssiggas für ihr Feuerzeug zu bekommen“, erinnert sich der Gründer von eZelleron, Sascha Kühn (42).

Genau in dieser misslichen Lage entstand die Idee für seine Firma. Als Werkstoffwissenschaftler, der sich an der Universität des Saarlandes mit Brennstoffzellen beschäftigte, hatte Kühn zudem das nötige Wissen, um einschätzen zu können, was technisch möglich ist.

Dennoch war es kein Spaziergang. Um zu begreifen, wie komplex das Gerät ist, das gerade in Dresden das Licht der Welt erblickt, muss man sich nur einmal vor Augen halten, dass dem innovativen Produkt insgesamt 27 Patentanmeldungen zugrunde liegen.

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Die verzweifelte Suche nach einer Steckdose ist mit dem handlichen Gerät bald vorbei. Per USB-Anschluss wird das Smartphone wieder aufgeladen. Foto: Stephan Hönigschmid

Nachdem Sascha Kühn seit dem Jahr 2000 an der Universität gearbeitet und dort 2004 seinen Doktor gemacht hatte, gründete er 2007 in Köln eZelleron. Im Westen blieb er aber nicht lange. Bereits ein Jahr später ließ er sich in Dresden nieder. Und das hatte einen ganz bestimmten Grund.

„Zum einen war natürlich die Förderquote im Osten höher als im Westen. Viel wichtiger war aber, dass man hier das Potenzial der Idee sofort erkannt hat“, berichtet Kühn und fügt an: „Besonders hervorheben möchte ich Herrn Nothnagel, der damals im Wirtschaftsministerium gearbeitet hat und heute in der Wirtschaftsförderung tätig ist.“ Er habe die Firma tatkräftig unterstützt und zum Beispiel Fördermöglichkeiten über die Sächsische Aufbaubank aufgezeigt. „Das war notwendig, weil es nach wie vor kaum Risikokapital in Deutschland gibt“, so Kühn.

Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung wollte lieber Bratwurstkette fördern

Dass es nicht überall so gut funktioniert wie in Sachsen, stellte der Gründer auf seiner Tour durch die Bundesländer fest. „Wir haben uns wirklich alle Bundesländer angesehen. Bei einem Besuch in einem westlichen Bundesland, dem es wirklich sehr gut geht, erlebte ich etwas ziemlich Kurioses. Eine Frau aus der Ansiedlungsförderung sagte uns nach der Präsentation, dass sie nicht studiert hat und daher unseren technischen Ausführungen nicht folgen könne. Sie meinte, dass vorher jemand da war, der eine Bratwurstkette aufziehen will, und sie da mehr Potenzial sehe“, so Kühn.

Dresden punktete in dieser Situation mit kompetenten Ansprechpartnern auf den Ämtern und mit Fördergeldern. Hinzu kam die breit aufgestellte Forschungslandschaft. „Wir haben ja eine komplett neue Technologie entwickelt. Da ist die Infrastruktur mit den zahlreichen Fraunhoferinstituten schon ideal“, sagt der 42-jährige Ingenieur.

Auch gut ausgebildete Mitarbeiter, die aus ganz verschiedenen Fachrichtungen wie zum Beispiel der Elektrotechnik, der Luft- und Raumfahrttechnik, der Mechatronik, der Chemie oder der Materialwissenschaft kommen, sind dank der Universität leicht zu finden. Schwieriger ist es schon, sie zu anzuwerben.

„Viele gute Leute gehen in den Westen, weil sie dort mehr verdienen können“, sagt Kühn. Gegenwärtig beschäftigt der Gründer 27 Mitarbeiter. Gemeinsam wird das Team auf 3000 Quadratmetern am neuen Firmensitz auf der Breitscheidstraße in Leuben ab August die ersten Mini-Kraftwerke herstellen. Etwa 100.000 sollen pro Jahr gefertigt werden, wenn die Produktion auf Hochtouren läuft.

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Sascha Kühn vor einer Schwerwalze, mit der das Pulver für die Herstellung der Brennstoffzelle verarbeitet wird. Foto: Stephan Hönigschmid

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Ein Blick in die große Produktionshalle der Firma. Foto: Stephan Hönigschmid

Zunächst geht es jeodoch mit Feldstudien los. Danach kommen die 10.000 Spender aus 92 Ländern zum Zuge, die der Firma über eine Kickstarter-Kampagne Anfang des Jahres 1,5 Millionen US-Dollar (1,12 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt haben. Sie erhalten das Gerät für preisgünstige 99 Euro. Wenn es Mitte 2016 auf den Markt kommt, wird es aber mindestens 200 Euro kosten. Dennoch dürft die Nachfrage riesig sein.

Wachstumsmarkt Afrika – Menschen hungern, um telefonieren zu können

Obwohl der Fokus des Dresdner Unternehmens vor allem auf dem US-Markt liegt, blickt es ebenfalls nach Afrika. Und das ergibt durchaus Sinn. Nach Studien der Weltbank hat dort zwar kaum jemand einen Festnetzanschluss, dafür nutzen etwa zwei Drittel der Bevölkerung ein Mobiltelefon, mehr als in Europa oder Asien. Zum Einsatz kommen die Mobiltelefone dabei nicht nur zum Telefonieren, sondern mangels funktionierenden Bankensystems auch zum Bezahlen. „Smartphone Credits“ lautet hier das Stichwort.

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Ein Labor darf natürlich auch nicht fehlen. Foto: Stephan Hönigschmid

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Auch diese Belichtungsanlage wird für die Produktion benötigt. Foto: Stephan Hönigschmid

„Wie wichtig die Telefone sind, ist auch daran erkennbar, dass selbst Menschen in den Slums, die etwa 35 Euro pro Monat zum Leben zur Verfügung haben, zehn Euro für ihren Smartphonetarif und sechs Euro fürs Laden ausgeben. Manche hungern sogar, um telefonieren zu können“, weiß Kühn. Sie alle könnten vom neuen Mini-Kraftwerk profitieren. Mit einer 80 Gramm Kartusche Flüssiggas kann das Smartphone elf Mal aufgeladen werden. Gerade in Gegenden ohne kontinuierliche Stromversorgung ist das attraktiv.

Trotz dieser blendenden Aussichten bleibt ein Wermutstropfen bestehen: Der Namensstreit mit dem Gründer der Band „Kraftwerk“ Ralf Hütter, der seine Unterlassungsklage vor dem Landgericht Hamburg damit begründete, dass Verbraucher das stromerzeugende Gerät mit der Band verwechseln könnten. „In Deutschland haben wir den Streit gewonnen. Allerdings ist in den USA die Klage noch offen. Und amerikanische Klagen können sehr teuer werden“, so Kühn. An eine Umbenennung denkt er aber nicht. Auch in diesem Fall geht der Gründer davon aus, dass die Entscheidung in seinem Sinne ausfallen wird.

Stephan Hönigschmid

http://www.ezelleron.eu/en/

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