Diese Gründerinnen zeigen Euch, wie Ihr glücklich werdet
Das Dresdner Startup Spiegelneuronen vermittelt praktische Erkenntnisse der positiven Psychologie. Immer mehr Firmen sind daran interessiert.
Dresden. Gestandene Lehrer und Banker sitzen in einem Raum und packen die Spielsachen aus. Ohne Hemmungen legen sie ihre gewohnten (autoritären) sozialen Rollen ab und sind so locker und entspannt wie in ihrer Kindheit. „Wir wollen, dass diese Menschen einfach mal ungezwungen sind und sich fallen lassen“, sagt Glücksforscherin Saskia Rudolph (31) vom Dresdner Startup „Spiegelneuronen“.
Zusammen mit der Diplompsychologin Andrea Horn (31) bringt sie seit vier Jahren gestressten und von Sorgen geplagten Menschen bei, wie sie mit einem anderen Denken leichter und vor allem glücklicher durchs Leben gehen können. Die beschriebene Übung ist dabei Teil eines Workshops, den die beiden im Rahmen des sogenannten „Edutainments“ zum Beispiel für Unternehmen anbieten. „Neben wissenschaftlich fundierten Impulsvorträgen steht bei diesen Veranstaltungen das Erleben im Vordergrund“, sagt Rudolph.
Um die wesentlichen Aspekte der Lebenszufriedenheit zu visualisieren, benutzen die Gründerinnen das Bild eines alten Kassettenrekorders mit den Tasten Play, Pause, Vorspulen, Zurückspulen und Aufnahme. Die Play-Taste steht dabei für die Motivation, etwas zu beginnen, während die Pause-Taste Entspannung, Gelassenheit, Abschalten und bewusstes Genießen symbolisiert. Der Aufnahme-Knopf verdeutlicht hingegen, dass es sich lohnt zuzuhören, zum Beispiel bei bereichernden sozialen Kontakten. Und die Rückspul-Taste steht für schöne Erinnerungen aus der Vergangenheit. Die Fragen „Wo will ich hin?“ und „Welche Pläne und Wünsche habe ich?“ werden von der Vorspul-Taste zum Ausdruck gebracht.
Der imaginäre Kassettenrekorder soll nach Angaben der Gründerinnen auf dem Weg zu einer glücklichen Lebenseinstellung helfen, die Lautstärke zu regeln und sich jeden Tag bewusst zu machen, welche Tasten wir wie oft drücken.
Da sowohl Saskia Rudolph als auch Andrea Horn Psychologie studiert haben, können die Teilnehmer sicher sein, dass das vermittelte Wissen auch Hand und Fuß hat. Zugrunde liegt den Übungen die Wissenschaft der positiven Psychologie, welche die Menschen ermutigt, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren, um glücklich und erfolgreich zu sein.
Trotz ihres akademischen Rüstzeugs konnten sich die Gründerinnen der „Spiegelneuronen –Angewandte Positive Psychologie GmbH“ erst nach der Uni so richtig den positiven Seiten des Lebens zuwenden. „Im Studium ist immer alles problemorientiert. Man beschäftigt sich fast nur mit Dingen, die nicht funktionieren. Das wollten wir gern anders machen“, sagt Rudolph.
Ihre Kollegin Andrea Horn ergänzt: „Uns ist besonders der präventive Aspekt wichtig. Während meiner Ausbildung zur Psychotherapeutin habe ich junge Menschen kennengelernt, die vielleicht psychisch gar nicht erst in ein tiefes Loch gefallen wären, wenn man ihnen zeitiger geholfen hätte.“
Dieses Ziel haben sich die Gründerinnen auf die Fahnen geschrieben und stehen dabei auch mit prominenten Vertretern der positiven Psychologie wie Eckart von Hirschhausen in Kontakt. „Ich habe seit 2009 im Hygienemuseum als Museumspädagogin gearbeitet. Während ich dort eine Grundschulklasse durch eine Ausstellung zum Thema Glück führte, stand er auf einmal da. Hirschhausen war privat zu Besuch und hat sich uns angeschlossen. Seit dieser Zeit tauschen wir uns regelmäßig aus“, so Rudolph.
Obwohl es die in den USA entstandene positive Psychologie bereits seit Jahrzehnten gibt und sie von Wissenschaftlern wie Martin Seligman propagiert wurde, hatte sie es hierzulande lange Zeit schwer. Erst Hirschhausen trug maßgeblich dazu bei, sie auch in Deutschland populär zu machen.
Allerdings sollte man sie nicht mit dem „positiven Denken“ verwechseln. Denn während das „positive Denken“ quasi zwanghaft eine positive Einstellung fordert und damit deprimierte Menschen mitunter noch tiefer in die Krise stürzt, akzeptiert die „positive Psychologie“ auch Schwächephasen des Menschen und zeigt auf, wie sie gestärkt daraus hervorgehen können.
Studien haben in diesem Zusammenhang bewiesen, dass Veränderungen tatsächlich möglich sind. „Während 50 Prozent genetisch festgelegt sind und zehn Prozent von unserer Umwelt beeinflusst werden, ob wir uns glücklich fühlen, haben wir 40 Prozent selbst in der Hand“, sagt Andrea Horn. Allerdings hätten auch sie mit ihren Seminaren und Workshops kein Patentrezept, sondern in erster Linie viele Fragen, die einen Weg aufzeigen können, so Horn.
Seit ihrem ersten Einsatz anno 2012 als Referenten bei den „Lernkulturtagen“ zur Zukunft der Bildung im Deutschen Hygienemuseum sind Saskia Rudolph und Andrea Horn mittlerweile deutschlandweit im Einsatz. Allein im vergangenen Jahr hielten sie unter anderem 31 Glücksseminare für Parkinson-Patienten und zwölf Vorträge auf Tagungen, Messen und Events. „Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie nur erfolgreich sein können, wenn sich ihre Mitarbeiter wohlfühlen“, erklärt Saskia Rudolph die Nachfrage.
Ein Herzensprojekt, das die beiden ehrenamtlich verfolgen, ist zudem die Umgestaltung der Kinderstation im Krankenhaus von Dresden-Neustadt.
„Gemeinsam mit Künstlern haben wir die Figuren der „KAJOT 1 Gäng“ entwickelt. Die Kinder bekommen dadurch imaginäre ‚Buddies’, mit denen sich identifizieren können und die ihnen helfen, die Zeit im Krankenhaus durchzustehen“, sagt Rudolph. Ende Oktober wird die Gestaltung abgeschlossen sein und die Station offiziell übergeben.
Stephan Hönigschmid