Scheitern als Schlüssel zur Innovation
Obwol das Dresdner Startup Whisp nicht den Durchbruch geschafft hat, betonen die Gründer die lehrreiche Erfahrung.
Dresden. Scheitern ist nicht schön, aber lehrreich. Das sagt einer der Gründer des Dresdner Startups „Whisp“, Wadim Suslow. Nach drei Jahren harter Arbeit mussten er und seine drei Mitstreiter jetzt die Firma schließen. Trotzdem blickt er nicht deprimiert oder gar im Zorn zurück. Die Entwicklung der Whisp-App, die als Empfehlungsplattform im Twitterstil (256 Zeichen) fungierte und zum Beispiel das Meinungsbild für bestimmte Filme oder Restaurants abbildete, sei ein voller Erfolg gewesen, betont Suslow.
„Das Produkt war gut, aber wir hatten nicht die Erfahrung, um es wirkungsvoll zu vermarkten“, sagt der 25-Jährige. Das Gründerteam fühlte sich zudem in einer Art Sackgasse. „Wir haben einerseits nicht die notwendige kritische Zahl an Nutzern für die App erreicht und andererseits hatten wir auch den Eindruck, dass wir noch bestimmte Dinge lernen müssen, um erfolgreich am Markt bestehen zu können“, erklärt Suslow.
Obwohl das Dresdner Startup nicht den Durchbruch schaffte, entdeckten Suslow und sein Team in den vergangenen Monaten eine Form der Unternehmensorganisation, die sie begeisterte. „Im Sommer vorigen Jahres als es der Firma wirtschaftlich schlecht ging, hat uns Lovoo ein Büro und Mentoren angeboten, die uns ein Feedback geben haben. Das war eine sehr gute Erfahrung „, sagt der 25-Jährige.
Sein Mitgründer Alexander Bresk ergänzt: „Wir haben viel über Produktentwicklung, Marketing und Teambuilding gelernt. Bei Lovoo sahen wir, wie schnell Entwicklungsprozesse tatsächlich sein können.“
Für Bresk und Suslow steht deshalb fest: Austausch ist der Schlüssel für den Erfolg der Dresdner Startup-Szene. „Wir reden über unsere Fehler und andere sollten das ebenfalls tun. Nur so können wir ein lebendiges und erfolgreiches Umfeld für Startups in Dresden aufbauen“, sagt Suslow.
In Bezug auf Whisp bedauert er, dass er und sein Team auf die falschen Leute gehört hätten. „Es gibt viele Menschen in Dresden, die zwar etwas über den Aufbau von alten konventionellen Unternehmen wissen, aber fast nichts über monderne Technologiefirmen“, sagt Suslow.
Seiner Ansicht nach war es beispielsweise nicht sinnvoll, zunächst über allgemeine Geschäftsbedingungen oder den patentrechtlichen Schutz der Geschäftsidee nachzudenken, wie ihm geraten wurde. „Es wäre besser gewesen, als oberste Priorität zu fragen: Wie kann ich so schnell wie möglich einen Markt für mein Produkt finden?“, erklärt Suslow.
Aufgrund dieser Einstellung halten die Whisp-Gründer auch die weit verbreitete Denkweise, dass jemand eine Idee stehlen könnte, für den völlig falschen Ansatz. „Es gibt viele Leute da draußen, die aus technischer Sicht das gleiche tun könnten. Deshalb ist ja auch das richtige Marketing so entscheidend. Unsere wichtigste Erkenntnis lautet: Wenn das Produkt King ist, dann ist das Marketing Queen“, sagt Alexander Bresk.
Es sei daher mehr denn je notwendig, über Ideen zu sprechen. „Einer der Gründe für den Erfolg der Unternehmen in der Bay Area um San Francisco in den USA ist der Austausch. Viele Mitarbeiter wechseln alle paar Jahre das Unternehmen. Es gibt ein großes Netzwerk, weil die Menschen sich kennen“, erklärt Bresk.
Neben dem fehlenden Austausch von Ideen und Meinungen hat Wadim Suslow darüber hinaus in Dresden ein Mentalitätsproblem diagnostiziert. „In Dresden ist die Bereitschaft zu Innovationen häufig nicht sehr stark ausgeprägt. Viele denken, dass die Dinge eigentlich gut sind wie sie sind.“
Er selbst dachte nie so. Mit gerade einmal 14 Jahren hatte Suslow die Idee für Whisp. „Bei der Fußball-Europameisterschaft 2004 habe ich mir überlegt, dass es gut wäre, wenn es eine Anwendung geben würde, mit der die Menschen zeigen könnten, wen sie unterstützen. Der Facebook-Like-Button war damals noch nicht erfunden“, erinnert sich Suslow.
Als Whisp schließlich als Firma begann, wurden die Meinungen in der App anfangs in vielen verschiedenen Farben angezeigt. Erst nach einiger Zeit kamen die Gründer zu dem Schluss, dass es besser und übersichtlicher wäre, wenn es nur die Farben grün (positiv) und rot (negativ) geben würde. Außerdem entwickelte sich die App peu à peu von einem Meinungsportal zu einem Empfehlungsportal.
Obwohl diese Zeiten nun vorbei sind, hat Wadim Suslow keinesfalls resigniert. Vielmehr blickt er optimistisch in die Zukunft. „Vielleicht gründe ich in ein paar Jahren ein weiteres Mal eine Firma“, sagt der 25-Jährige, der mittlerweile bei Lovoo arbeitet.
Stephan Hönigschmid