Dresden: Mit dieser Strategie will Wandelbots in Zukunft punkten
Roboter für alle. So lautet die Mission des Dresdner Startups Wandelbots. Jetzt hat das Unternehmen ein eigenes Betriebssystem vorgestellt. Das ist ein Meilenstein und gleichzeitig Ausdruck eines Kurswechsels.
Dresden. In seiner Anfangszeit hat das Dresdner Startup Wandelbots mit einer Sensorjacke für Furore gesorgt. Ein Arbeiter konnte damit einem Roboter einen Arbeitsschritt zeigen und der Roboter hat ihn dann mit Hilfe einer speziellen Software „gelernt“. Später wurden nach einem ähnlichen Prinzip mit einem Stift, dem „Trace Pen“, die Umrisse von Bauteilen abgefahren und automatisiert. Was damals viele begeisterte, war aus heutiger Sicht nur der erste Schritt für ein viel größeres Projekt: ein eigenes Betriebssystem für die Automatisierung von Robotern.
Eine Rolle spielte dabei auch, dass die Einzelprojekte nach Angaben von Wandelbots zwar Einnahmen generierten, aber gleichzeitig recht aufwändig und kaum skalierbar waren. Nach der Abkehr von den Robotern verließen 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Unternehmen über ein Freiwilligenprogramm, teilte Wandelbots im Gespräch mit dem Magazin Gründerszene mit.
Software soll Roboter für jedermann zugänglich machen
Der neue Fokus war wohl spätestens ab diesem Zeitpunkt klar: Software only. Anstatt nur eine Anwendung in einem System zu sein, wollte Wandelbots selbst das System sein – ein Betriebssystem. Am Montag hat Wandelbots dieses System mit dem Namen „NOVA“ in Dresden vorgestellt.
„So wie Android die Smartphones revolutionierte und Windows die PC-Welt veränderte, wird ‚NOVA‘ industrielle Robotik für jedermann zugänglich machen und neue Arten der Kommerzialisierung für Softwareentwickler ermöglichen“, sagte CEO Christian Piechnick. Lösungen wie früher mit der Sensorjacke und dem Stift sind demnach weiterhin möglich, aber Wandelbots macht es nicht mehr selbst.
Hilfe zur Selbsthilfe
„Wir versuchen nicht mehr, diese Lösungen eigenständig zu bauen, weil sie sehr speziell sind. (…) Eine Anwendung fürs Schweißen sieht fundamental anders aus als eine Lösung fürs Lackieren.“ Dieses Fachwissen hätten beispielsweise mittelständische Firmen. Und sie bekämen mit dem neuen Betriebssystem jetzt eine Art Werkzeugkasten, um Roboter für diese Aufgaben zu programmieren. „Wir geben ihnen die Tools, mit denen das viel schneller und effizienter geht, als sie es jemals anders könnten“, unterstreicht Christian Piechnik.
3M-Experte: Hürden für Automatisierung sinken
Wie das genau im Betrieb abläuft, erklärte Carl Doeksen, der bei beim amerikanischen Technologiekonzern 3M für die Automatierung zuständig ist, am Beispiel von Werkstücken, die geschliffen werden müssen.
„Heute wird der Großteil der Schleifanwendungen noch manuell durchgeführt. ‚Wandelbots NOVA‘ wird die Hürden für Unternehmen senken, solche Prozesse zu automatisieren. Mit ‚NOVA‘ haben Nutzer Zugriff auf das nötige Prozess-Know-how, um die richtigen Schleifmaterialien auszuwählen; sie können die Parameter für ihr Werkstück einfach eingeben und den gewünschten Endzustand über eine einfache Benutzeroberfläche festlegen.“
Für 3M biete ‚Nova‘ die Gelegenheit, nicht nur Endanwender mit den benötigten Werkzeugen auszustatten, sondern auch das Fachwissen von 3M auf dem Feld der Prozesstechnologie zugänglicher zu machen, sagte Doeksen. An dem Abend im Albertinum in Dresden stellten auch bekannte Firmen wie Volkswagen oder der Automobilzulieferer Schaeffler dar, wie sie das Betriebssystem ‚NOVA‘ für ihre Zwecke nutzen möchten. Mit ersten Testläufen zeigten sie sich zufrieden.
Weniger Fehler durch virtuellen Zwilling
Neben dem Plattformgedanken, der die einfache Programmierung und Steuerung von Robotern unterschiedlicher Hersteller ohne spezifische Fachkenntnisse ermöglicht, will Wandelbots bei den Firmen darüber hinaus mit einer Kooperation mit Nvidia punkten. Stichwort: virtueller Zwilling. So lassen sich laut dem Startup durch die Integration von „Wandelbots NOVA“ mit der „NVIDIA Omniverse“-Plattform exakte digitale Zwillinge von Robotern, Fabriken und sogar beweglichen Werkstücken erstellen. Diese könnten vor dem realen Einsatz simuliert werden. Das soll die Effizienz steigern und potenzielle Fehler reduzieren.
KI berechnet komplizierte Bewegungen
Eine Kooperation gibt es auch mit Microsoft. Die soll den Zugriff auf KI – also künstliche Intelligenz sicherstellen. Damit können den Angaben zufolge unter anderem komplizierte Axenbewegungen von Roboterarmen berechnet werden, was ansonsten sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würde.
Hinter dem Wandelbots-Team liegt eine arbeitssame Zeit, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Denn damit ‚NOVA‘ so einfach anmuten und bedient werden kann, sind im Hintergrund umfangreiche Prozesse notwendig. „Das, was wir hier bauen, ist ähnlich kompliziert, wie ein Space-Shuttle zu konstruieren“, bringt es Christian Piechnick auf den Punkt. Im Frühjahr 2025 kommt das neue Betriebssystem nach einer ausgiebigen Testphase offiziell auf den Markt.